Erstaustrahlung:
03.11.2011, 20:15 Uhr, WDR

45 Minuten Dokumentation.

Eine Produktion von Martin Buchholz für den WDR, Köln

Kamera: Jörg Stiepermann
Schnitt: Martin Buchholz, B. Rieck
Mitarbeit: Angela Krumpen
Redaktion: Gudrun Wolter, WDR

„Michael Emge“, der Mann von Schindlers Liste, heißt eigentlich Jerzy Gross. Im Film haben wir seine wahre Identität geschützt, weil Jerzy vor rechtsradikalen Übergriffen bewahrt werden musste. Jerzy starb am 24.07.2014. Seine Geschichte wird auch künftig erzählt werden!

AUF DVD erhältlich

Die 12jährige Geigerin und der 80jährige Holocaust-Überlebende: die bewegende Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft. Und eine berührende Reise in die Vergangenheit.

Als Judith im Internet zum ersten Mal die Titelmelodie des Films „Schindlers Liste“ hörte, war sie zu Tränen gerührt. „Ich wollte das Stück unbedingt spielen„, sagt die 12jährige hochbegabte Geigerin. „Aber ich kannte die Geschichte dazu nicht!“ Nun wollte Judith alles darüber wissen. Über Freunde der Familie kam sie in Kontakt mit einem der letzten Zeitzeugen: Der 80jährige Michael Emge überlebte, weil er auf Schindlers Liste stand. Der alte Mann war bereit, sich mit dem wissbegierigen Mädchen zu treffen. Sie zeigt ihm ihre erste Geige, mit der sie als Dreijährige angefangen hat, spielt für ihn. Und ihre Musik baut die Brücke zwischen diesen beiden so unterschiedlichen Menschen. „Ich hörte Judith spielen und habe geweint!“ sagt Emge. Als Junge, vor 70 Jahren im polnischen Krakau, war auch er ein hoffnungsvoller Geiger. Bis die Nazis kamen. 1943 deportierten die Deutschen den 14jährigen und seine Familie in das KZ Plaszow. Gerettet wurde er, als einziger der Familie, durch „Schindlers Liste„. Seinen Entlassungsschein aus Schindlers Fabrik hat Michael Emge heute noch. Doch den Namen „Emge“ sucht man auf Schindlers Liste vergeblich. Er ist misstrauisch geworden, hat viele schlechte Erfahrungen gemacht, und will seine wahre polnische Identität im Fernsehen nicht preisgeben.

Judith aber hat er sich geöffnet, hat erst gezögert und dann eingewilligt, als sie bat, mit ihr zusammen die Stationen seiner Kindheit und seines Leidensweges noch einmal zu besuchen. Ihr zu zeigen und zu erklären, was war. Er spürt, dass sie verstehen, begreifen will. Zum ersten Mal seit über 50 Jahren sieht er die Orte wieder, die sein Leben für immer verändert haben. Und zwischen ihm und der 12jährigen Judith entwickelt sich, was er nicht mehr für möglich hielt: Eine Freundschaft.

Ein Kommentar zum Film aus der Zeitung „Hannoversche Allgemeine„:

„Es ist unendlich viel gesagt, geschrieben, gesendet worden zum Holocaust. Aber dann kommt dieser kleine Film daher, zeigt die schüchterne Annäherung zweier entfernter Generationen, zeigt, wie Emge ins Leben zurückfindet dank eines Mädchens, das sich nicht vorstellen kann, niemals glücklich sein zu können. Und erinnert uns daran, dass jede Generation das Grauen immer neu begreifen muss. Und daran, dass man den letzten Zeitzeugen Brücken bauen muss, bevor sie sterben.“

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